Bekanntlich ist die Vorfreude die schönste Freude. An dieser Weisheit ist wohl kaum etwas auszusetzen. Einen großen Wert nimmt dabei die Vorfreude für den Jahresurlaub ein. Das ist allein dem Umstand geschuldet, dass es neben der „schönsten Zeit des Jahres“ auch diejenige ist, in der die Entscheidungshoheit über meine Aktivitäten ganz bei mir selber liegt.
In den Tag hineinleben, ohne dem Zwang von Zeit oder Ort zu erliegen, ist doch wunderbar. Inspiration für die optimale Ausnutzung dieses kostbaren Schatzes habe ich seit einigen Jahren darin gefunden, mich per Rad (fast) unabhängig von einem Ort zum anderen zu bewegen. Angefangen hat es mit einer kleinen Tour von Süd- nach Norddeutschland.
Damals war es für mich erstaunlich, wie sehr diese Art des Unterwegsseins zur sofortigen Entschleunigung führte. Kaum von der Haustür gestartet, befassten sich meine Gedanken mit niederschwelligen Problemen: mit dem Weg, meiner Verpflegung und meinem Gesäß.
Das Tempo beim Radeln lässt mich meine Umgebung wahrnehmen. Sie fliegt nicht an mir vorbei, sondern ich bin ein Teil von ihr. Ich kämpfe und keuche und verfluche den nicht enden wollenden Anstieg. Mir schmerzen die Muskeln und, wie erwähnt, der Hintern und dennoch überwiegt das Gefühl von Freiheit und Abenteuerlust. Nach mehreren eben jener Abenteuer, habe ich eher mehr als weniger Lust zu genau einem solchen Erlebnis. Die Begegnungen und Eindrücke entschädigen für diese Strapazen. Ich bin in den Pyrenäen den Gänsegeiern begegnet, habe in einer riesigen Villa übernachtet, bin durch die magische Welt der Gascogne geradelt, habe die Loreley gesehen und bin im schlimmsten Regenguss von einem netten Menschen aufgelesen worden. Hab in meinem Zelt das Gewitter überstanden und war im Atlantik baden. Und, und, und… Ich habe meiner Seele Gutes getan. Es dieses Jahr wieder zu tun, erfüllt mich mit einer wunderbaren Vorfreude.