#119 Briefwechsel

Fest gemauert in der Erde steht er da in Gelb markant und schluck sie alle runter, die Briefe, die noch geschrieben werden. Allerdings gerät auch dieses Relikt mehr und mehr in die Bredouille oder besser gesagt ins Hintertreffen. Das ist eine Gefahr für das handgeschriebene Wort. Oder für die originale Unterschrift, die noch nicht auf elektronischen Weg geleistet werden kann. Oder die Postkarte mit den idyllischen Ansichten von sonst wo her – die den Tourismus einfach ausradiert. Ein Ort für die gute und die schlechte Nachricht sowieso. Der gute alte Briefkasten ist nicht wählerisch, gibt keine Widerworte. Was könnte er wohl erzählen, ließe man dies zu. Er ist noch geduldig obwohl seine Pflege zunehmend nachlässt. Sonntags gibt es keine Leerung mehr. Und die Post, die wir dienstags erhalten (montags scheint es keine Post zugeben) ist somit Schnee von vorvorgestern.

Aber wen sollte dies verwundern? Unsere Gesellschaft ist im Wandel, wie ich es selbst an diesem kleinen Beispiel sehen kann. Wir alle sind es, die diesen Wandel produzieren. Was gut gelungen oder bestenfalls nur schlecht sein wird, wird uns die Zukunft zeigen. Für mich fühlt es sich so an, als hätte die Geschwindigkeit des Wandels Fahrt aufgenommen. Es ist subtil aber dennoch für mich spürbar. Hin und her gerissen bin ich stets ob dieser Erkenntnis. Eine Haltung oder Einstellung finde ich noch nicht so recht. Vielleicht ist es auch völlig unnötig, dass ich darüber Gedanken verliere. Schließlich hilft hadern am wenigsten.

Die Fähigkeit der Anpassung, der Adaption ist gefragt. Bloß mit dem Unterschied, dass ich aus einer Vielzahl von Möglichkeiten bezüglich meiner Assimilation wählen kann oder muss. Manchmal mogelt sich ein Bild aus „Panem“* in meine Fantasie. Doch dann schüttle ich den Kopf – so weit kommt es (hoffentlich) nicht. Herauszufinden, welches Szenarium für mich passt, sehe ich dennoch als eine meiner größeren Aufgabe.

*“Die Tribute von Panem“

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