Mir fehlt der Sport. Im Moment muss ich priorisieren, was meine Freizeitgestaltung anbelangt. Deshalb habe ich mich aktiv dafür entschieden, hier zu streichen. Das macht die Sache nicht besser, nur etwas erträglicher. Das schlechte Gewissen bahnt sich seinen Weg in mein Bewusstsein. Ich merke meine Unruhe und meine Unzufriedenheit. Auf kneifende Hosen und keuchenden Atem habe ich keine Lust, deshalb gibt es heute einen kleine Kompromisslösung. Ich ziehe Schuhe und Jacke an und gehe raus.
Draußen ist die Luft feucht ohne dass es regnet. Ich mache lange, schnelle Schritte. Beim Gehen stelle ich mir die Aufgabe zu überlegen, was ich heute schreibe. Meine Gedanken schweifen ab und bleiben beim gestrigen Abend hängen.
Ich bin auf dem Weg zu einer Lesung. Die junge Autorin ist Stipendiatin und hat letztes Jahr ihren zweiten Roman veröffentlicht. Ihr erster Roman ist auch als Hörspiel erschienen. Ich bin lange nicht mehr bei einer Lesung gewesen und deshalb gespannt, was mich erwartet.
Der Saal ist klein und gemütlich. Dicke, holzwurmstichige Balken tragen das alte Mauerwerk und es ist bereits ziemlich viel los. Der Laudator beginnt seine Ansprache, dann liest die Autorin. Es gefällt mir. Es sind kurze, knappe Sätze. Wenig Chichi drum herum. Eine Gesichte über das alt werden. Die Lesung wird immer wieder durch Fragen des Laudators unterbrochen. Ich erhalte einen Einblick ihr Denken. Ihre Beweggründe sind mir verständlich. Ich bin beeindruckt. Besonders gut gefällt es mir, als sie über den Klang ihrer Texte spricht. Noch eine, die sich gut gelungene Abschnitte gerne selber laut vorliest. Das kenne ich. Ich trage das Buch mit nach Hause und freue mich über die Inspiration, die ich erhalten habe.
Als ich daheim anlange, ist mein Gewissen eine Winzigkeit beruhigt und meine Geschichte im Kopf. Ich setze Teewasser auf, beginne zu schreiben, den Rest kennt ihr.