Es ist noch früh, als ich heute in meine alte Hood einbiege. Alles erinnert mich an eine Zeit, als meine täglichen Sorgen und Gedanken ganz andere waren, als sie es jetzt sind. Damals habe ich mir im Alltagstrott der Kleinkinderwelt nicht vorstellen können, dass es noch ein anderes Leben gibt. Ich kenne sämtliche Spielplätze der Umgebung, auch die heimlichen, versteckten mit Wasserpumpen. Sehr beliebt an heißen Tagen, besonders in der Großstadt ohne viel Balkon oder Garten in der Nähe. Die Erinnerungen schauen mich von allen Seiten an. Ich bin gerne hier. Das Treiben ist geschäftig wie ich es kenne. Die Kinder laufen denselben Weg zum Kindergarten, zur Grundschule, zur Straßenbahn.
Ich bin auf dem Weg zum Zahnarzt. Für diesen Besuch nehme ich den kleinen Umweg in Kauf, denn ein guter Dentist ist viel Wert. Meinen kenne ich seit bestimmt zwanzig Jahren. Wir werden gemeinsam alt. Mein Herz hat er damals gewonnen, als er sich zur Begrüßung meiner kleinen Tochter in die Hocke begibt, um ihr auf Augenhöhe guten Tag zu sagen. Das ist toll, oder? Diese Aktion, diese Haltung hat mir sehr imponiert und ist mir, wie ihr seht, nachhaltig in Erinnerung geblieben. Davor und danach habe ich solch eine Begrüßung nur bei ihm erlebt. Das schafft Vertrauen, zeugt von Respekt. Ein kluger Mensch, wie ich meine.
Das alte Haus an der Straßenecke, in dem seine Praxis ist, ist schon immer mit einer Sonnenuhr bemalt. Leider gibt es heute nichts zu sehen. Die Sonne lässt sich nicht blicken. Bei der aktuellen Winterzeit wird sie im Moment wahrscheinlich richtig gehen. Ich schaue mir die Uhr genauer an und erkenne, dass sich Hahn und Eule offenbar streitend gegenüberstehen. Da hat sich jemand was dabei gedacht. Der uralte Zwist über die Vorzüge beider Tageszeiten wird wohl nie aus der Mode kommen.