#243 Kursänderung

Die Herausforderung beim Bikepacking, so wie wir es aktuell machen, ist die richtige Mischung zwischen Anspannung und Entspannung zu finden. Ich für meinen Teil habe gerne auch einen Entspannungsteil dabei. Und mein Begleiter, vielleicht würde er es weniger strikt zugeben als ich, auch. Für mich macht diese Abwechslung den Charme der Reise aus. Denn wir leben in den Tag hinein, planen von einem zum nächsten oder vielleicht übernächsten und das ist es. Hat den Vorteil, dass wir flexibel auf äußere Umstände reagieren können und hat den Nachteil, dass wir viel Planerei haben. Gestern Abend, bei einem schönen Abendessen in angenehmer Atmosphäre haben wir hin und her überlegt, wie es weiter gehen kann. Letztlich haben wir beschlossen, ostwärts zu fahren. Ostwärts ans Mittelmeer, weil das Wetter hier einfach einen Tick besser ist.

Der Zug nach Narbonne geht über Toulouse, wo wir einmal umsteigen müssen. Im Abteil begegnet mir Lily, die in ihrem königsblauen Sommerkleidchen mit goldenen Schuhen die Sonnenbrille auch im Abteil nicht absetzt. Sie telefoniert ausgiebig die komplette Fahrt über, schlürft dabei am grünen Strohhalm ihres Coffee to go Bechers, auf dem ihr Name in großen Lettern geschrieben steht. Dabei fährt sie sich in regelmäßigen Abständen mit drei Fingern einmal links und einmal rechts durch die langen braunen Haare. Ein anderer Gast hat es sich komplett bequem gemacht und liegt, die Füße auf dem gegenüberliegenden Platz, da und verschläft die Reise. Seine Schuhe hat er feinsäuberlich unter seinen Sitz gestellt. Uns gegenüber nimmt ein älteres Ehepaar, offensichtlich britischer Herkunft, Platz und studiert die Smartphones. Ich höre Hörbuch und schlummere durchgeschaukelt vom sanften Rütteln des Zugs weg.

Der Name ist vielversprechend. Er lässt hoffen, dass es wie im Paradies wird. Wir werden sehen. Im Moment steht das Zelt auf einem kargen (karg weil kaum Rasen vorhandenen) Wohnmobilstellplatz. Das könnte etwas gemütlicher sein. Dennoch, der Rest ist vollkommen okay und das Meer vor allen Dingen fast vor der Tür – oder besser – dem Zelteingang. Mein Begleiter hat es geschafft, Tisch und zwei Stühle für uns aufzutreiben und so müssen wir nicht auf dem Boden sitzen. Wir haben schließlich nichts dabei. Irgendwie finden sich diese Dinge aber immer und so wird selbst die einfachste Umgebung luxuriös. Wie gesagt, es ist immer eine Sache der Perspektive.

 

 

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