#41 mein Herz

-Fortsetzung-


Der Münsterplatz ist leer. Vereinzelt läuft jemand gebückt oder torkelnd neben mir her oder ich sehe einen anderen in der Ferne. Alles ist verlassen und wirkt trostlos und leer zu dieser frühen Stunde. Müll rollt unter mir hin und her oder ich flattere mit ihm gemeinsam durch die Luft. Leere Bierdosen und Pappdeckel, andere Servietten, Zigarettenstummel, Bonbons, eine bunte Federboa, die nicht ins Bild passt, ist trotzdem da. Flaschen klappern und scheppern vor sich hin und geben den Sound des vergangenen Tages wieder.

Als ich neuerlich den Boden berühre und kurz dort liegen bleibe, trampelt ein Idiot achtlos auf mir herum. Meinen stummen Schrei hört er nicht. Ich schaue ihm nach und erkenne auch hier wieder die übergroßen, lächerlichen Schuhe, die verrutschte Perücke. Eine rote Plastiknase hängt ihm schief auf der Wange kurz unter der geschminkten Träne. Die Schminke um seinen Mund ist grotesk verrutscht. Ich bin verwirrt. Der Wind treibt weiter sein Spiel mit mir und schleudert mich nach links und rechts mit zackigen, ruckartigen, unvorhergesehenen Bewegungen.

Mein Blick fällt ein letztes Mal auf das Denkmal, bevor ich in die nächstgelegene Gasse gefegt werde. Kühl und besonnen, reglos geradezu, steht es dort und lässt alles an sich vorüberziehen. Auch von mir nimmt es keine Notiz. Weiter, immer weiter geht meine Reise vorbei am Blumenmarkt, der heute allerdings ohne Blumen dasteht, bis ich auf den nächsten Platz geworfen werde. Mein Blick öffnet sich. Noch verlassen liegt er da. Nebel und Dunst und ein schwaches aufglimmen der Morgensonne lassen ihn geheimnisvoller aussehen, als er in Wirklichkeit ist. Auch hier gibt es ein paar Versprengte. Der Zufall will es, dass ich just in diesem Moment an einen Laternenpfahl haltmache. Arme und Beine links und rechts von ihm ausgestreckt bleibe ich auf Kinderaugenhöhe hängen.
-Fortsetzung folgt-

https://youtube.com/shorts/AUIFm1ZvPRY

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