#421 unter Segeln, Teil 1

Spät ist es heute geworden, als ich das Büro verlasse und zum Auto laufe. Auf dem Weg begleitet mich aufgeregtes Vogelgezwitscher und der Gesang der Amseln von den umliegenden Hausdächern. Ja, es beginnt. Ich kann es hören. Die Vogelstimmen erinnern mich an die Tonbandaufnahmen meines Großvaters. Den Wald direkt vor der Haustür (#410 Wildsau), hatte er einige Meter an Tonspuren davon. Er konnte sie alle am Piepen, Gesang und Zwitschern unterscheiden. Schade, habe ich schon so manches Mal bei mir gedacht, dass ich nicht besser aufgepasst habe. Jetzt würde ich sie gerne auseinander halten können.

Ich bleibe in Gedanken bei ihm und den Erinnerungen an verpasste Chancen. Eine andere fällt mir in diesem Zusammenhang prompt ein. Dass ich nie segeln gelernt habe. Die Gelegenheit hätte ich gehabt. Hätte, hätte, ja, leider wusste ich es damals nicht besser.

Wir befinden uns in der Kieler Förde. Mein Vater, meine Mutter und ich auf einem winzigen Segelboot, dass in waghalsigen Manövern den großen Fähren in der Bucht ausweicht. Einmal ist es ganz knapp. Auf Kommando ducken wir uns schnell, um bei der Halse den Baum nicht vor den Kopf gedonnert zu kriegen. Er macht gerade seinen Hochseesegelschein, muss üben und wir sind mit von der Partie. Der Anblick einer Fähre aus einem Miniboot heraus ist beeindruckend, kann ich euch versichern.

Viele Jahre über schippert er regelmäßig in einer Yacht über die Ostsee. Bevor es los geht, sitzt er da und übt Knoten. Die Seekarte der Ostsee liegt ausgebreitet auf seinem Schreibtisch, er plant den Törn. Mit Sextant und Zirkel kennt er sich aus, ist als Skipper verantwortlich für seine Crew. Dann geht es los. Sein blauer Seesack ist prall gefüllt. Troyer, Ölzeug und all die Dinge, die nützlich sind. Meine Abenteuerlust habe ich zweifelsohne von ihm geerbt.
– Fortsetzung folgt –

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