Ganz gegen meine Gewohnheit und Neigung steige ich seit geraumer Zeit früher aus den Federn als es notwendig ist. Morgens, ihr wisst es längst, ist nicht meine Tageszeit. Selbst wenn ich das gerne hätte. Schließlich ist ein hereinbrechender Tag geradezu magisch. Vor zwei Jahren bin ich morgens im Urlaub zum Sonnenaufgang im Meer schwimmen gegangen, wann immer sich die Gelegenheit dazu geboten hat. Das war gigantisch. Die ersten Sonnenstrahlen über dem Horizont aufblitzen zu sehen und vom jungen Tageslicht geküsst zu werden. Alles glitzert um mich herum, wenn die Dünung das Licht reflektiert. Ein fantastisches Erlebnis.
Nun, hier ist leider weit und breit kein Meer. Das Erschwert erheblich ein solches Erlebnis. Dennoch haben die andere Hälfte meines Haushalts und ich uns für die Fastenzeit und vielleicht auch darüber hinaus, eine Challenge überlegt: Wir stehen eine halbe Stunde früher auf und verbringen die gewonnenen Zeit in Stille meditierend auf dem Sofa bei Kamillentee und Meditationsmusik. Wir beginnen den Tag mit nichts außer aus dem Fenster gucken.
Hört sich komisch an? Kann schon sein. Inzwischen finde ich diesen Start in den Tag erstaunlich angenehm. Obwohl meine Idee, war ich anfangs ziemlich skeptisch. Hatte ich es schließlich nur so daher gesagt ob der geschilderten Erinnerungen. Dass mein Vorschlag sogleich auf Gegenliebe stieß, hatte ich nicht erwartet. Doch nun beginnt unser Tag auf diese Weise.
Sitzen, schauen, Musik hören, Tee trinken. Sehr minimalistisch. Nur wenige Reize stören mich. Folglich fließen, plätschern meine Gedanken dahin. Dabei bemerke ich, wie unterschiedlich jeder einzelne Tag beginnt. Bin ich hektisch mit meinen Gedanken unterwegs oder schaffe ich es den Klängen zu lauschen und die Vögel im Garten zu beobachten? Meine Verfassung ist stets eine andere. Ich führe weitere Eigenuntersuchungen durch, um heraus zu finden, inwieweit mein morgendliches Befinden meinen Tag beeinflusst. Mal sehen. Ich bleibe dran.