485 Freiluftsaison

So habe ich es mir erhofft und gewünscht. Abends im Schein der untergehenden Sonne draußen sitzen und den Tag ausklingen lassen. Heute ist es soweit. Ich nehme den Besen in die Hand. Die Blütenblätter des Blauregens verteilen sich konsequent überall im Garten und deshalb fege ich sie nun von meinen kleinen Balkon runter. Dann wische ich schnell den Tisch ab, hole mein Tablet. Es gibt noch etwas Weißwein im Kühlschrank. Getreu der Devise: für ein Gläschen Wein ist es nie zu früh, schenke ich mir den Rest aus der Flasche ein und setze mich auf den Klappstuhl.

Ich lege meine Lesebrille zur Seite, halte mein Gesicht in die Sonne. Nice. Das ist gut auszuhalten. Ein Schlückchen Wein, Glockenläuten im Hintergrund und ein wenig Stimmengewirr aus der Nachbarschaft begleiten mich in meiner abendlichen Stimmung. Kinderstimmen geben in unwiderstehlicher Präzision das wider, was Erwachsene nur ungern aussprechen. Ich stimme zu, lächle und bin gespannt, was noch kommt. Es ist schön, einfach nur dazusitzen, zu atmen und den Augenblick zu genießen. Wie oft tun wir das? Vermutlich viel zu selten. Dann ist es höchste Zeit, dies zu ändern. Ich füge diesen Punkt gedanklich meiner Top-Ten to-do-Liste hinzu.

Langsam verschwindet die Sonne hinter dem nächsten Häuserdach und ich schaue, weiterhin auf meinem Stuhl sitzend, nach oben in den Himmel. In der Nachbarschaft war heute Waschtag, wie es aussieht. Nun trocknet sie in der Sonne. Von jeher mag ich den Duft von sonnengetrockneter Wäsche am liebsten. Da kommt kein Waschpulver oder irgendein anderer künstlicher Duftstoff mit, finde ich.

Die Kinderstimmen sind mittlerweile vom Klirren zusammenstoßender Flaschen abgelöst worden. Ich bin nicht die Einzige, die das Draußen sein genießt. Ich schätze, gleich wird der Grill angeworfen. Die anstehende Walpurgisnacht und der morgige Feiertag laden schließlich dazu ein, gesellig zu sein. Die Freiluftsaison ist eröffnet.

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