Es kommt wirklich sehr selten vor, dass ich mich im Büro mit Stempelsachen beschäftige. Als ich heute nun an den kleinen Rädchen drehe, um die Eingangspost abzustempeln, empfinde ich diese Tätigkeit direkt archaisch. Kommt mir der Stempel wie ein Relikt aus längst vergangenen Tagen vor. Im digitalen Zeitalter ein Druckerzeugnis wie einen Brief, mit einem Stempel zu versehen, ist komisch. Es passt nicht zusammen, wie so oft Fortschritt und Herkömmliches, Altbackenes (?), Vertrautes nicht so recht zusammen gehören wollen. Ich frage mich, ob das ein Phänomen ist, was in jeder Generation auftaucht. Möglicherweise. Was meint ihr?
Neulich lagen bei uns auf der Treppe im Haus „Das Örtliche“-Telefonbücher. „Das Örtliche“ gehört in dieselbe Kategorie, oder? Ihr könnt euch sicher vorstellen, wie ungläubig ich bei diesem Anblick drein geschaut habe. Was soll ich sagen, natürlich habe ich mir ein Exemplar geschnappt. Um es sofort zum Abfallkalender in die Küchenschublade mit den Mülleimern und Putzutensilien zu räumen. Brauchen tue ich beides nicht. Ich kann alles googlen genauso wie die Abfalltermine, die es digital in einer App gibt. Dennoch bewahre ich einen Kalender dort auf. Zur Sicherheit quasi. Warum sonst? Nostalgie.
Allerdings, für alte Leutchen sind genau solche, in Druckform vorhandenen Exemplare, essentiell. Egal ob Telefonbuch oder Abfallkalender, denke ich an dieser Stelle weiter. Sogleich fallen mir weitere Personengruppen ein, denen ein digitaler Zugang ebenfalls erschwert, verwehrt oder schlicht unmöglich ist. Menschen in prekären Lebenssituationen, beispielsweise, vergessen wir häufig. Was für eine Herausforderung für unsere Gesellschaft, jede und jeden mitzunehmen. Mir ist schon klar, dass das vielleicht nicht vollumfänglich möglich ist. Doch ich finde, es sollte nicht übersehen werden, beim schönen Glitzer und Glamour und KI.
Nun, was so ein kleiner Stempel auslöst, schon erstaunlich. Habt ihr inzwischen auch euren persönlichen Gegenstand aus einer vergangenen Welt im Kopf? Gibt es noch mehr?