#524 am Wasser

„Komm mit ans Wasser“ heißt mein Lieblingsbuch von Ali Mitgutsch. Kennt ihr es? Ein großartiges Wimmelbilderbuch über die tausend kleinen und großen Dinge, die es am Meer zu entdecken gibt. Heute nehme ich euch mit ans Wasser. An die Nordsee. Ins Wattenmeer. Eine eigentümliche Landschaft, die wenig zu bieten hat. Auf den ersten Blick. Auf den zweiten ist es komplett anders. Salzige Luft, stetiger Wind, unendliche Weite, Wellenschlagen, der Rhythmus der Gezeiten, der Horizont, die ich hier finde. Wenn ich aufs Meer hinaus schaue, erahne ich, dass unsere Welt eine Kugel ist.

Hier oben ist es anders, als am Mittelmeer. Rauer. Nass. Von oben und von unten. Kein kristallklares Wasser, keine Wohlfühltemperaturen. Weder außerhalb noch innerhalb des Wassers und noch nicht in diesem Jahr. Es ist ziemlich frisch. Trotzdem geht es zur Wattwanderung. Wir sind zu zweit. Mein Lieblingsmensch und ich. Wir haben uns auf alles Mögliche eingestellt. Tragen unsere Regenjacken, die Kapuzen tief in die Stirn gezogen. Haben Wechselklamotten im Auto, ein kleines Handtuch. Jede von uns trägt ihr nagelneues Paar Gummistiefel. Erwartungsvoll machen wir uns auf den Weg zum Treffpunkt.

Wir bekommen eine kleine Einführung zur Entstehung der Nordsee und ihrer Küstenlandschaft, dann geht es los. Kurzentschlossen lasse ich meine Schuhe da. Laufe barfüßig. Der Schlamm quetscht mir zwischen den Zehen hindurch und es ist ganz schön rutschig. Beide Füße bleiben stecken und es schmatzt laut, wenn mich das Watt wieder frei gibt. Erstaunlicher Weise empfinde ich das Wasser der Priele als angenehm warm. Grabe sogar meine Füße in den Schlick, als wir Naturkundeunterricht in Sachen Wattwürmern, Gezeiten, Muscheln und Sturmfluten erhalten. Irgendwann hört der Regen auf. Die Sonne versetzt den nassen Boden in ein Glitzermeer. Es wird schlagartig warm. Anpassungsfähigkeit scheint das wesentliche Lehrstück zu sein, das mir die Natur subtil zuteil werden lässt.

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