Ich sitze lesend auf dem Balkon. Das Buch ist spannend und ich merke gar nicht, wie die Zeit verstreicht. Ich habe mir Kirschen vom Markt mitgebracht. Sauerkirschen. Sauer macht bekanntlich lustig und ich snacke sie weg. Überlege jedoch gleichzeitig, was ich aus dem Rest machen könnte, denn eine ganze Schale Sauerkirschen, ja, das ist selbst mir too much. Ich glaube, ich werde sie einkochen und als Topping für den Joghurt nehmen. Das schmeckt bestimmt gut.
Während ich dasitze, lese, Kirschkerne ins Beet unter mir Spucke, mir Rezepte überlege und überlege, wie meine Canapés für heute Abend aussehen sollen, sehe ich eine blauschwarze Holzbiene hin und her fliegen. Ich habe sie oft im Garten als Besucherinnen, die durch ihr lautes Summen alles andere Flügelgetier weit in den Schatten stellen. Im Frühjahr freuen sie sich über reichlich Nektar an der Glyzinie. Was derzeit in meinem Garten blüht und ihnen schmeckt, habe ich noch nicht heraus gefunden. Vielleicht die Wildrose, die mit dem Efeu zusammen am Zaun hochrankt?
Ich beobachte eine ganze Weile ihr Treiben. Das ist nicht weiter schwer, bei ihrem Radau. Dann ist es ruhig. Ich kann mir denken, wo sie sich aufhält.
Die Marille hat ein paar tote Äste, die schon häufiger von Holzbienen in Beschlag genommen wurden. Ich stehe also auf, gehe die Stufen in den Garten runter. Tatsächlich. In knapp zwei Meter Höhe, beißen sich ihre starken Kiefer ins Holz. Ich schaue ihr zu, wie sie sich mit dem Holz abmüht. Es macht Geräusche, wenn sie nagt. Wie beim Schreiner, liegen Sägespäne unter ihrem Loch auf den Blättern. Auch sie ist über und über damit bedeckt. Wer will fleißige Handwerker sehen?, das alte Kinderlied, geht mir spontan durch den Kopf.
Vielleicht legt sie hier ihre Eier ab. Wer weiß? Ich werde es weiter im Auge behalten.