#540 Beatle go go

Ich kann mich nach dem Abendessen nicht sofort aufraffen und mich an mein Tablet zum Schreiben setzten. Irgendwie fehlt mir dazu der nötige Elan oder besser gesagt, die nötige Muße. Meine Gedanken sind noch im Tag verhaftet und ein Abschalten und fokussieren auf meine Tagesaufgabe fällt schwer. Da ich das kenne, bin ich geduldig mit mir. Lenke mich mit anderen, leichten Tätigkeiten ab, um meine Gedanken ins Fließen zu bringen.

Das Aufräumen überlasse ich großzügig der anderen Hälfte meines Haushalts. Außerdem beauftrage ich ihn, sich um den gelben Sack zu kümmern. Tätigkeiten, die wenig zusätzliches Chaos verursachen können, die schnell erledigt sind.

Währenddessen gehe ich in den Garten, rücke der Glyzinie und dem Jelängerjelieber zu Leibe. Ab und zu muss ich dem allzu starken Wildwuchs dieser beiden expansiven Gartenbewohnern einfach Einhalt gebieten. Mein Jelängerjelieber wuchert konsequent einen kleinen Durchgangsweg zu. Da ich keinen Ärger verursachen möchte, sind hier die längsten Äste zum Abschneiden fällig. Ähnliches gilt für die Glyzine, die ebenfalls ungehemmt vor sich hin wächst. Ein wenig Kosmetik muss sein.

Als nächstes rolle ich den Gartenschlauch ab, laufe ums Haus, gönne den Hortensien am Eingang eine kleine Erfrischung. Ich halte den Wasserstrahl auf einen Busch, zähle gemütlich bis fünfzig und dann ist der nächste dran. Damit bin ich eine Weile beschäftigt, habe nichts weiter zu tun, als zu zählen. Einundzwanzig, zweiundzwanzig, dreiundzwanzig…

Es klappt. Meine Gedanken kommen zu Ruhe. Danach habe ich sogar genügend Geduld, das Marienkäfervideo zu schneiden, was nicht unbedingt meine Stärke ist. Nett, dieses Video, oder? Wie er scheinbar planlos hin und her läuft. Oder tut er das gar nicht? Sieht es vielleicht nur für mich so aus? Weiß er womöglich genau, was er will? Erstaunlich, denke ich mir, wie wenig Ahnung ich von dem habe, was in meiner unmittelbaren Umgebung passiert.

Teilen:

Weitere Beiträge

#643 aufs Maul geschaut

Cafés und andere gesellige Orte, wie Kneipen, Restaurants, öffentliche Verkehrsmittel, sind geeignet, fernab sozialer Medien, „dem Volk aufs Maul zu

Weiterlesen