#548 Bäbber

Mit den Öffis bin ich heute beruflich unterwegs. Ich mache langsam, laufe rechtzeitig los und nicht, wie so oft, auf den letzten Drücker. Immer schön im Schatten bleiben, lautet die Devise. Trotz der Hitze ist viel los. Gemeinsam schwitzen wir fröhlich vor uns hin. Ich meine, eine etwas größere Ruhe wahrzunehmen. Wahrscheinlich liegt es daran, dass wir uns alle im Schneckentempo bewegen. Südliche Gelassenheit nördlich der Alpen. Kein Wunder.

Auf meinem Rückweg habe ich keine Lust, auf den Bus zu warten und mache mich zu Fuß zurück zum Hauptbahnhof. Ich kenne die Strecke gut und weiß, wie ich durch eine Grünanlage und kleinere Straßen dorthin gelange. Die paar Schritte tun gut nach der langen Sitzerei bei der Veranstaltung, die bereits seit langer Zeit geplant war. Eine solche Hitze hat noch niemand richtig auf dem Schirm.

Im Park fällt mir ein Laternenpfahl auf, weil er über und über mit Stickern beklebt ist. Ein Sticker bleibt selten allein, zieht andere nach, das Gebilde wächst. Einige sind halb abgerissen oder überklebt. Wie eine Litfaßsäule sieht der Pfahl schließlich aus und ein wenig traurig zeugen seine Aufkleber von ihrer längst vergangenen Blütezeit.

Im ausgeblichenen Einheitslook sind ihre unterschiedlichen Anliegen und Statements kaum erkennbar. Ich versuche zu entziffern, was dort steht und wie lange sie „scho bäbba“ (schwäbisch für: schon kleben). Es scheint keinen größeren Sinn zu ergeben, muss es ja auch nicht.

Dann biege ich um die Ecke, bin endlich daheim. Mein Auto fällt mir mitleidig auf. Es steht in der prallen Sonne. Ein Schattenparkplatz ist frei und deshalb entscheide ich mich spontan, umzuparken. Ausnahmsweise. Ich zwinge mich auf den heißen Sitz. Saunafeeling. Mit spitzen Fingern fasse ich das Lenkrad an. Es glüht förmlich. Ob ihr es glaubt oder nicht, als ich aussteige habe ich eine Brandblase am Finger. Irre, oder?

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