#593 Wasser

Frühsport ist angesagt. Obwohl es weder besonders früh ist, noch mein Freibadbesuch viel mit Training zu tun hat. Aber es hört sich besser an. Einzig die Tatsache, dass wir ohne Frühstück auf dem Weg ins Freibad sind, gibt dem Ganzen einen sportlichen, ambitionierten Charakter.

Als wir die Räder vor dem Freibad abschließen, macht mich die andere Hälfte meines Haushaltes darauf aufmerksam, dass das wahrscheinlich der letzte Freibadbesuch in diesem Jahr sein wird. Ich schlucke, stimmt, das war mir bisher gar nicht in den Sinn gekommen. In sechs Tagen starten wir in unseren Urlaub und wenn wir zurück sind, wird es schon fast wieder geschlossen sein.

Mit diesen Gedanken versuche ich meinen Besuch intensiv zu genießen. Den Augenblick festzuhalten, als ich ins Wasser abtauche. Meine ersten Züge sind immer Tauchzüge. Hat sich so eingebürgert bei mir, wie ein Ritual.

Durch meine Schwimmbrille sehe ich die gleißend-glitzernden Linien auf dem Boden des Beckens. Dort reflektiert das Sonnenlicht, das sich an den kleinen Wellenbewegungen an der Wasseroberfläche bricht. Naturgemäß ist es ganz anders als das Wasser des Langenerdingsbumssees. Dieses Wasser war grüntürkies, das hier ist farblos. Ab und zu mogeln sich Luftblasen, verursacht durch meine Armzüge, in mein Blickfeld. Es ist wie immer, ich kann mich daran nicht sattsehen.

Ich fühle die Streckung meines Körpers. Kopf runter, Kinn an die Brust. Linker Arm, rechter Arm. Ich mache mich lang, greife weit vor. Rotiere um meine Achse. Hoher Ellenbogen, Arme möglichst nicht überkreuzen. Wenn ich schon nicht schnell schwimme, soll es möglichst technisch sauber sein.
Ich werde überholt. Ein Mann meines Alters versucht vorbei zu kommen. Ich mache mir den Spaß und lege ein bisschen Geschwindigkeit zu, lasse ihm nur soweit Vorsprung, dass er als erster am Beckenrand anschlägt. Dort hält er an, während ich mich abstoße und weiter meine Bahnen ziehe.

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