#637 Verwandtschaft ohne Wahl

Ich möchte Goethes Titel nicht bemühen, auch wenn er mir hier in den Sinn kommt. Schließlich hat er nicht wirklich was damit zu tun, dass ich mit meinem Vornamen „Antje“ einige Erlebnisse verbinde. Als Kind oder Jugendliche war das nicht immer vorteilhaft.

Kaum auf der Welt, wurde ich mit „Frau Antje“ konfrontiert. Dem Werbegesicht für Käse aus Holland. Nun, es gibt angenehmere Namensverwandtschaften als diese, wie ihr euch sicherlich vorstellen könnt. Eine gutgelaunte Blondine in vermeintlich holländischer Tracht mit Häubchen und Holzcloggs, die genüsslich in eine Scheibe Käse beißt – hm. Super. Was für eine Steilvorlage für die Jungs auf dem Schulhof. Aus diesem Grund habe ich die Not zur Tugend gemacht und mich an Karneval ins Kostüm meiner Namenskusine aus der Flimmerkiste geworfen. Auf den Fotos in meinem Album posiere ich in gleicher Haltung wie die Werbefrau.

Und wäre das nicht genug, hatte der NDR ebenfalls den grandiosen Einfall, sein Pausenmaskottchen, ein Walross, Antje zu nennen. Wahrscheinlich ist das der Grund, dass mein Name recht selten geblieben ist. Aber nicht nur in dieser Hinsicht ist er eine Herausforderung. In wenigen europäischen Ländern kann mein Name korrekt ausgesprochen werden. Gibt es Probleme, nenne ich mich meistens Anna, das funktioniert gut.

Die Schreibweise ist die nächste Hürde. Ich kenne alle Varianten: Antche, Ankche, Ansche (die Aufzählung ist unvollständig). Allerdings geht es „kurioser“. Was das anbelangt, haben wir bestimmt alle unsere Favoriten. Und, was soll ich sagen, ich habe gelernt damit umzugehen. Nicht zuletzt in dem Bewusstsein, dass es wesentlich größere Herausforderungen gibt.
Aus diesem Grund finde ich meine Entdeckung richtig nett, als ich meinen Namen als Schriftzug auf dem Rad lese. Ein Hollandrad – was für ein Zufall. Trotzdem, damit kann ich mich mehr identifizieren als mit Käse (selbst wenn ich Käse gerne esse) und einer schwergewichtigen Walrossdame.

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