#64 nachts

Nachts sind alle Katzen grau. Nachts sind alle Katzen grau und Stille umfängt mich. Sie hüllt mich ein, wie in einen Kokon und lässt mich schlafen. Trotz geöffnetem Fenster dringt zu mancher Nachtzeit kein einziger Laut zu mir vor. Das Licht der Straßenlaternen fällt vereinzelt durch die Ritzen der Jalousie und beizeiten klappert der Wind in ihnen. In windstillen Nächten passiert selbst dieses Geräusch nicht. Kurz bevor die Vögel erwachen und zunächst schüchtern, so scheint es, beginnen ihre Lieder verschlafen und leise erklingen zu lassen, kurz vor dieser Nachtzeit, ist die Stille oft vollkommen. Jedenfalls für meine Ohren, denke ich, denn nur, weil ich nichts höre heißt es noch lange nicht, dass auch nichts da ist.

Ich mag es nachts aufzuwachen und genau dieses Nichts zu hören und zu lauschen, ob ich nicht doch eine verirrte Stimme auf dem Gehsteig erhasche – Sprachfetzen, die ich ausmachen könnte. Und dann ertönt in dieser perfekten Stille ein ganz kurzes Bellen in der Ferne. Vielleicht dreimal kurz hintereinander und zerschneidet die Ruhe für jenen kurzen Augenblick bei dem ich gleich darauf nicht mehr mit Sicherheit sagen kann, ob er wirklich da war. Warum bellt zu dieser Zeit ein Hund? Warum bellt er so kurz? Hat er schlecht geträumt? Gibt es das?

Ich muss dabei immer unwillkürlich das das Endzeitdrama mit Will Smith, „I am Legend“, denken. Kaum ein Film hat mich im Kino so viele Nerven gekostet wie dieser. In der Retrospektive betrachtet und mit den Corona-Erfahrungen im Gepäck, kann Science-Fiction schneller Realität sein, als uns lieb ist. Ich verscheuche alle unliebsamen Gedanken. Drehe ich mich um, stelle mir den Mond am dunklen Himmel vor und lausche wieder in die Stille. Sie wiegt mich wieder in den Schlaf und ich schlummere hinweg und träume weiter selig von fernem Hundegebell.

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