Zäh schleppt sich der Feierabendverkehr über die Autobahn. Im benachbarten Miteinander fahre ich hinter einem Kleinwagen her, der durch seine üppigen Aufkleber im ansonsten cleanen Ambiente der schwarz-weiß-silbernen Autoflotte um mich herum auffällig ist. Jedenfalls fällt er mir auf. Da ich nicht mehr zu tun habe, als mich dem Tempo der Fahrzeuge anzupassen, bin ich direkt etwas abgelenkt. Natürlich versuche ich einzelne Aufkleber zu entziffern.
Die Auswahl ist groß. Von der „kleinen Raupe Nimmersatt“ über die Aufkleber „I love hot Moms“, „Stop War“ oder dem Hinweis: „Wenn du glaubst, ich fahre langsam, warte ab bis es bergauf geht“ bis hin zum Label einer bekannten Burger-Kette reicht das Repertoire. Es ist wirklich alles vertreten. Ich bin fasziniert. Einen besonderen Stil oder eine Vorliebe, eine Intention oder Haltung kann ich nicht erkennen. Das Fahrzeug zeugt eher von einer enormen Aufklebersammelleidenschaft seines Besitzers oder seiner Besitzerin. So viel steht fest. Und da Hecklappe und das Heckfenster keinen Platz für weitere Sticker her geben, wurde konsequent über der linken und rechten Seite bis zu den Fondtüren des Autos weiter geklebt.
Wenn das mal kein Alleinstellungsmerkmal ist. Fast kommt es mir vor, als ob das Auto tätowiert sei. Mit Mühe und Not ist das Fabrikat erkennbar. Wie bei einem Erlkönig, der in unseren Gefilden ebenfalls häufig zu beobachten ist. Nun, ich muss aufpassen, dass mich mein Drang, die Aufkleber lesen zu können nicht zu sehr vom Straßenverkehr ablenkt. Aber ich bin vorsichtig.
Als die Blechlawine wieder Fahrt aufnimmt, lasse ich den Wagen ziehen, blinke nach rechts, denn ich habe meine Ausfahrt erreicht. Ob ich ihn jemals wieder sehen werde? Was für eine dämliche Frage. Allerdings ertappe ich mich dabei, nach weiteren Fahrzeugen mit Aufklebern Ausschau zu halten. Außerdem, das kann ich verraten, habe ich auch einen am Kofferraum kleben.

