Der Morgennebel hat sich fast verzogen und die Sonne schickt ihre schrägen Strahlen von knapp oberhalb des Horizonts über die Hochebene und taucht den Tagesanfang in warmes Licht. Ich stehe im üblichen Stau auf dem Weg zur Arbeit. Bis hierher bin ich bereits einer kleinen Kollision glimpflich entkommen, wurde fies geschnitten und habe mich über dieses und jenes ein kleines bisschen aufgeregt. Ein ganz normaler Start in den Tag also.
Der Zirkus (#296 Zirkus) ist wieder da, stelle ich fest, als mein Blick über das Feld neben der Straße gleitet. Bisher war weder ein Flyer im Briefkasten, noch habe ich Bandenwerbung an der Straßenkreuzung gesehen. Ob es ihnen gut geht, den Artisten, Clowns und Zauberern? Hm, wer weiß.
Ich könnte mir vorstellen, dass das Leben für Zirkusleute schon mal entspannter war. Clownerei und alles, was damit zusammen hängt, kommt mir im Zeitalter lustiger Kurzfilmchen und KI-generierter Tiervideos archaisch vor. Ich überlege, wann ich das letzte Mal im Zirkus war. Ist bestimmt über zwanzig Jahre her. Damals halt, als die Kinder klein waren. Insgesamt wird es eine Frage der Zeit sein, bis es sie nicht mehr gibt, sie gänzlich von den extrem Waghalsigen abgelöst werden. Von jenen die aus höchster Höhe springen, durch tiefste Wasser schwimmen. Rekorde brechen oder neue erfinden, sich maximal Verausgaben. Die Fantasie kennt keine Grenzen. Hauptsache spektakulär, extravagant. So gesehen, hat sich nicht viel verändert, denn das haben Zirkusleute schon immer versprochen.
Der Inhalt bleibt derselbe, die Matrix, vor der sich alles abspielt, ist nur neu. Waren es früher Zauberer mit weißen Löwen, zieht das heute nicht mehr. Unsere Interessen kommen und gehen schleichend und unbewusst, als hätten wir es nicht in der Hand. Einiges bleibt dabei auf der Strecke. Prompt abgelöst vom nächsten Trend. Zirkus Maximus ist überall. Der ganz normale Lauf der Dinge.

