Ich war schon oft da. Mit A-Hörnchen und B-Hörnchen. Also mit den beiden Menschen, für die ich ein Leben lang alles machen würde. Meinen Kindern. Was hatten wir nicht alles? Verstaucht, angeknackst oder aufgeschnitten. Sachen, die passieren im Kinderleben beim Spielen und Toben. Ach ja, da kommen die Erinnerungen wieder hoch. Kleine Händchen in meinen, Tränen in den Augen und bandagierte Finger, Knöchel und Zehen.
Vor einiger Zeit war ich dann dran. Ich laufe durch den langen Gang und halte brav an der Markierung vor dem Tresen an. Als ich an der Reihe bin werde ich gefragt, ob ich schon mal da gewesen sei? Ich sage ja, schon oft allerdings ist das eine Weile her. Die Sprechstundenhilfe schaut im PC nach und findet mich nicht, meine Kinder allerdings schon.
Es geht flott. Ich habe mir die Uhrzeit günstig ausgesucht. Während ich auf meine Untersuchung warte, sehe ich genau dieses Ensemble vor mir. Irgendwie deprimiert mich der Anblick. Einzig der knallige Mülleimer reißt es raus. Ich frage mich, ob der Arztberuf wirklich attraktiv ist oder warum es wenig geschmackvolle Praxiseinrichtungen gibt. Vielleicht liegt es daran, dass ich nur popelige Kassenpatientin bin. Das weiß ich dann natürlich nicht. Allerdings bin ich ja nur partiell hier. Müsste ich hier arbeiten, hm, schön ist anders, finde ich.
An sämtlichen Wänden hängen Bilder in blau und weiß, die sich weitestgehend mit dem Thema: Meer, Himmel und Wolken befassen. Im Wartezimmer „schweben“ die Köpfe der Wartenden luftballongleich vor einer die ganze Wand ausfüllenden Wolkenlandschaft. Das sieht schon fast lustig aus, wäre die Umgebung nicht ernst. Blau und weiß sind zweifelsfrei schöne Farben aber leider ziemlich kühl und ungemütlich. Steril. Die Möwen, die im nächsten Zimmer über die Leinwand fliegen, machen es auch nicht besser. Deshalb freue ich mich über den Stilbruch des froschgrünen Mülleimers.

