#60 getunkt

Vielleicht mal irgendetwas Lustiges, denke ich mir. Vielleicht passiert mal wieder etwas Lustiges – ist schon schlimm genug, dass es nicht täglich etwas zu lachen gibt. Oder sehe ich das viel zu eng? In meinen gedanklichen Tiefen, schürfe ich in den eigens dafür bereitstehenden Schubladen. Angeregt durch ein Gespräch über Sinn und Unsinn des Yogas komme ich auf Lach-Yoga. Beim Aufziehen dieser Gedankenschublade merke ich, wie sich meine Mundwinkel unwillkürlich ein klein wenig nach oben ziehen. Sollte ich mehr Ernsthaftigkeit walten lassen und mich täglich einer Dosis Lach-Yoga ausliefern? Als eingefleischter Yoga-Fan ist mir das aber dann doch zu viel. Vielleicht warte ich besser darauf, dass mir wieder ein ‚blauer Jesus‘ (#20 Das Orgelkonzert) über den Weg läuft. Genauso wie die Geschichte im Hyde Park.

An einem schönen Frühlingstag im Mai bin ich mit meinen Begleitungen durch den Hyde Park spaziert. Das Wetter war so angenehm warm, dass ich mich meiner Schuhe entledigt und barfüßig durch das frische Gras bis zum Seeufer gelaufen bin. Dort angekommen übte das Wasser des Sees dahingehend eine Anziehungskraft auf mich aus, dass ich nicht umhinkonnte und den großen Zeh vorsichtig ins kühle, brackig-braune Wasser steckte. Das hätte ich besser nicht getan, denn auf wundersame Weise verlor ich den Halt und fand mich eine Sekunde später bis zum Bauchnabel im Wasser stehend wieder.

Die Steine des Uferbereichs unter mir waren von Entengrütze und Moos so glitschig, dass es gar nicht so einfach war, der Gefahrenzone zu entkommen. Meine Begleitungen, die mich sogleich besorgt, ihre Belustigung taktvoll versteckend, raus hievten, waren gefangen zwischen Lachsalve und peinlicher Berührung. Wieder festen Boden unter den Füßen hatte ich auf alle Fälle meinen Humor wiedergefunden.

Nun ja, dieses Erlebnis geht schicksalshaft in die Evergreens der Erfahrungen ein. Jedenfalls kann ich behaupten, dass es nicht viele Leute gibt, die wie ich, im Hyde Park See baden waren.

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