Was wäre ein Sonntag ohne Teestunde und Gebäck? Langweilig und nur halb so schön. Zur winterlichen „blauen Stunde“, wie meine Mutter zu sagen pflegt, wird das Teewasser aufgesetzt. Dann der Kaffeetisch gedeckt und im besten Fall gibt es keine Kekse aus der Retorte, sondern Selbstgebackenes. Gleich dreimal so gut ist es, wenn ich mich um die Entstehung des Leckerbissens nicht selber kümmern muss, sondern dieser außerhalb meiner Küche von fachkundiger, liebevoller Hand selber hergestellt wird. Danke mein Kind.
Nach einer anständigen Radausfahrt durch hügeliges Gelände – zum Saisonbeginn immer eine Herausforderung – und bei eher durchwachsenem Wetter, ist die Freude über diesen Gaumenschmaus gleich dreimal so groß. Gleich einer Möhre, hängt mir die Aussicht auf Tee und Zimtschnecken wie dem Esel vor der Nase und ich schmecke geradezu die Leckerei schon bevor ich sie probiert habe. Unsere Strecke führt uns heute rund um unser kleines Städtchen in die nähere Umgebung. Die Äcker sind umgepflügt – im Märzen der Bauer – und warten auf die Aussaat. Alles ist bereit. Ein kleiner Raubvogel, es ist wohl ein Mäusebussard, steht über dem Feld und fixiert seine Beute.
Ich fahre unter ihm hindurch und sehe auf der Höhe, gar nicht weit entfernt, die Alb mit ihren verlassenen Burgen und markanten Hügeln vor mir liegen. Ich treffe auf ein paar hartgesottene Kerle. Sie tragen schon kurze Hosen auf dem Rad. Einer kommt mir entgegen. Seine entblößten Beine haben eine reichlich gerötete Farbe angenommen und zwar definitiv mehr als das sonstige blasrosarot von Mortadella. Heute ist noch nicht viel los auf den Straßen. Ich bin mir sicher, das sich dieser Zustand sehr bald ändert. Ich gebe alles und freue mich auf eine warme Stube, eine heimelige Atmosphäre und über diese wunderbare Tradition an Sonntagen im Winter zur blauen Stunde.