#112 das auch noch

Das auch noch, denke ich, als ich ins Auto steige. Es ist kurz nach sieben Uhr morgens und ich bin im Begriff ins Büro zu fahren. Der interaktive, bunt beleuchtete Touchscreen meines Wagens begrüßt mich mit der Fehlermeldung: „Reifendruck zu niedrig. Sie können weiterfahren aber nicht schneller als 130 km/h. Bitte befüllen Sie die Reifen schnellstmöglich nach.“ Oder so ähnlich. Gut, ich kann fahren. Ich habe mich schließlich nicht zu dieser – für mich – nachtschlafenden Zeit aus dem Bett gequält, um nun bei der Tanke vorbei zu fahren. Außerdem, und das ist besonders ärgerlich, habe ich am Freitag einen Termin zum Reifenwechsel. Das kann doch jetzt zum Donnerdrummel auch noch bis dahin warten. Mein Finger drück auf das „OK“-Zeichen und ich schicke ein Gebet zum Himmel, damit alles gut geht. Nun, schneller als die angegebene Geschwindigkeit bin ich im Berufsverkehr schon mal nicht unterwegs. Das erscheint beruhigend.

Dann versuche ich mein Hörbuch mit dem wageneigenen Audiosystem zu koppeln. Dazu fahre ich extra rechts ran. Als es endlich funktioniert, bin ich zufrieden und erledige mein Tagewerk. Genauso spät wie ich heute früh unterwegs war, komme ich heim. Ich fahre diszipliniert zur Tankstelle. Dieser dämliche Verschluss des Luftdruckgeräts hält nicht wirklich gut an meinem Vorderreifen und mir fällt ein, dass Reifen nicht nach einer längeren Fahrt befüllt werden sollten. Mist. Also breche ich hier ab und schicke einen Wunsch ans Universum, es möge für den Rest der Woche gnädig mit mir sein. Zuhause angekommen, mein Magen knurrt bereits ordentlich, gibt’s schnell etwas zu essen. Ich beschließe, mir zum Nachtisch Grießbrei mit einem ordentlichen Löffel Nussnougatcreme zu gönnen. Nun sitze ich am Schreibtisch, mein Laptop steht aufgeklappt vor mir aber ich schließe die Augen und lasse die warme Süßigkeit auf der Zunge zergehen, bevor ich schreibe: das auch noch.

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