#143 süßes Früchtchen

Sehen sie nicht zum Anbeißen aus? Die kleinen süßen Dinger mit ihrem grüngekrönten Kopfschmuck und winzigen gelben Kernen? Knackig – einfach verlockend und sie duften herrlich. Ein Sommerversprechen. Wer kann da schon widerstehen? Ich mal auf gar keinen Fall und deshalb befinde ich mich, kulinarisch betrachtet, gerade im Schlaraffenland. Ich snacke sie direkt aus der Schale. Sie schmecken saftig und süß und ich komme hervorragend ohne Zucker aus. Ihre Kerne knacken ein wenig im Mund und bilden einen schönen Kontrast zum cremig-weichen Rest der Frucht.

Was gibt es besseres als Erdbeeren? Erdbeeren und Spargel – noch besser. Noch besser, wenn beide Köstlichkeiten aus heimischen Gefilden stammen und nicht schon im Januar einen beschwerlichen Weg über die Alpen per Lastkraftwagen oder Flugzeug hinter sich haben. Kein blasses, traurig dreinschauendes Gemüse oder Obst, sondern frisch von nebenan. Saisonware eben. Weihnachtszeit, Faschingszeit, Fastenzeit, Osterzeit stehen genauso für sich wie Erdbeer- und Spargelzeit. Ein zeitlich begrenztes Angebot betont ihre Besonderheit und Rarität und ich denke, das hat seine gute Daseinsberechtigung. Schließlich leben wir, was vielerlei andere Dinge betrifft, hier doch in einer Welt des Überflusses denn des Mangels.

Fraglos wunderbar – dass dem so ist. Deshalb finde ich es wichtig, (kleine) Einschränkungen in meinem zweifelsohne formidablen Komfort zu haben. Nicht wirklich immer alles Alles verfügbar zu haben – jedenfalls in Normalfall – zeigt mir oft erst den Wert und ich lerne es intensiver, wahrhaftiger zu schätzen. Mich umschauend und austauschend stelle ich fest, dass der Wunsch einen selbstgewählten Mangel zu provozieren, sich mehr und mehr etabliert. Ich kann mich nicht dran erinnern, dass das Thema Fastenzeit außerhalb eines religiösen Kontextes vor zwanzig oder dreißig Jahren schon en vogue war, wie ich es heutzutage empfinden. Das Bewusstsein hat sich gewandelt, wie ich meine. Vielleicht ist genau das der Trend, ein Konsum des Verzichts.

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