Von oben betrachtet verschwinden zusehends die Konturen. Es kommt mir vor, als ob eine Transformation der Gegenstände und Menschen vonstattengeht. Sie transformieren sich gewissermaßen in eine andere Dimension. Aus dreidimensional wird plötzlich zweidimensional. Aus lang und schlank wir klein und rund. Aus klein und dick wird klein und breit. Aus filigran geschwungen wird eine Linie und so weiter. Mein Abstand, den ich zwangsläufig durch meine erhöhte Position einnehme, lässt mich aus der Szene aussteigen. War ich gerade eben unten beim Flanieren, beim Brotkauf oder am Blumenstand, im Café ein Teil des Geschehens, bin ich nun völlig losgelöst. Ich bin kein Teil mehr der Gemeinschaft. Ich gehöre, wird mir schlagartige klar beim Blick nach unten, nicht mehr zu ihnen. Jedenfalls kommt es mir so vor.
Ich stehe, während mir diese Gedanken durch den Kopf schießen, in einem Einkaufzentrum und blicke auf das Geschehen unter mir. Die Abnabelung erfolgt in Sekundenschnelle. Unbemerkt und doch passiert es. Selbst wenn der Ortswechsel und meine erhöhte Position einzig der Architektur, meinem Empfinden und schließlich der Lage des Parkplatzes meines Autos geschuldet sind. Ich lege es also gar nicht drauf an, mich von den Menschen, die wie ich einfach als Besucher an diesem Ort sind, abzukapseln. Etwas Besonderes gar zu sein. Bin ich auch nicht. Schon gar nicht, weil ich eine andere Position innehabe. Örtlich betrachtet, meine ich.
Im übertragenen Sinn kann ich meine Überlegungen ebenfalls anbringen, stelle ich fest. Will es der Zufall, dass ich hier oben bin? Eigentlich schon. Ich habe das Glück, erhaben auf die Szenerie unter mir zu schauen. In diesem Bewusstsein verhaftet kommt mir eine gewisse Vorstellung davon, warum eine erhöhte Position vielleicht dazu verleitet, mich überlegen zu fühlen, weil ich einen vermeintlich besseren Überblick besitze. Besser schon, das stimmt. Aber, wende ich gleich ein, nur zweidimensional.