#168 Sperrmüll

Sperrmüll – oder was vom Leben übrigbleibt – ist manchmal nicht voneinander zu unterscheiden. Hingeworfen, aussortiert, weggeschmissen, achtlos gestapelt, kaputt bisweilen und nichts mehr wert. Zu groß für den Restmüll blockiert er das eigene Dasein oder die Straße, ganz, in welcher Phase sich der Entrümplungsprozess befindet. Die einstigen Eigentümer sind ihres Hab und Gutes überdrüssig. Vielleicht passt es auch nicht mehr, wird nicht mehr gebraucht. Kurz gesagt, die Dinge haben ausgedient. Wer kennt das nicht? Jeder hat das schon erlebt. Sachen wegwerfen, die einmal einen Nutzen hatten, ist nicht immer leicht. Manchmal ist es sogar richtig schlimm. Nämlich dann, wenn ein Leben zu Ende ist. Dann ist Sperrmüll der letzte Rest, der übrigbleibt.

Sein Anblick, egal ob von mir selber verursacht oder ob ich ihm neutral auf der Straße begegne, ruft immer dieses zwiespältige Gefühl in mir hervor. Oft sind es mehrere dieser Art. Es hat, wie ich finde, etwas Beklemmendes. Ein Abschied gar von Gegenständen, die ich täglich benutzt habe oder die mir irgendwann so viel bedeutet haben, dass ich es lohnenswert fand, sie zu besitzen. In meinem Besitz haben wir Zeit und Aufmerksamkeit miteinander geteilt. Sie haben mich begleitet, meine Wäsche gewaschen, ich habe auf ihnen geschlafen oder gesessen, habe sie täglich benutz. Vielleicht habe ich das, was jetzt Sperrmüll ist, geschenkt bekommen, geerbt, gefunden oder vergessen, auf welchen Weg es zu mir kam.

Wenn ich zur Mülldeponie fahre, das rote Sofa hinten drin, weil es durchgesessen und zerschlissen ist, verspüre ich einen Abschiedsschmerz. Es so im riesigen Container liegen zu sehen, demnächst verfrachtet nach sonst wo hin. Für mich ist das merkwürdig. Aber ohne Abschied kann ich mich nicht auf Neues freuen. Genauso wie beklommen, kann es ebenso befreiend sein, alte Zöpfe abzuschneiden, der Zukunft zugewandt. Das gehört schließlich ebenfalls zum Leben dazu.

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