#190 Mustermix

Mist, als ich den Laptop aufklappe merke ich, dass ich gestern vergesse habe, mich um den Staub in sämtlichen Ritzen zu kümmern. Das sollte nicht sein, tadle ich mich selber, kneife mein rechtes Auge etwas zu und beginne zu schreiben. Die Balkone von gestern (#189 Neubau) füllen sich allmählich. Da hängen Handtücher über die durchsichtige Brüstung zum Trocknen, steht der obligatorische Olivenbaum (den ich auch im Garten habe) dekorativ im Kübel neben den Lounge-Möbeln, die Gemütlichkeit auf Balkonien versprechen. Nebenan geht es cleaner zu mit der typischen Holzstich-Stühle-Kombi. Bin gespannt, wann ich den ersten Gasgrill zu Gesicht bekomme und welches Farbspiel die Sonnenschirme in das adrette Äußere bringen.

Der Privatsphäre zuliebe hätte ich mich bei diesem Gebäude, glaube ich, für das Erdgeschoss entschieden. Allerdings brauche ich mir mit diesen lästigen Gedanken gar nicht den Kopf zu zerbrechen. Mir wird wieder bewusst, dass ein Zuhause immer ein Ort für Individualität und Intimität ist. Dabei ist es ganz gleich, was die Hochglanzwerbung vorgaukelt. Aber das will ich eigentlich gar nicht erzählen. Mir ist heute Morgen beim Bäcker, wo sonst? schon der Tag gerettet worden.

Ich stehe an der Theke und gebe meine Bestellung auf, als mir die freundliche Verkäuferin ein Kompliment zu meinem Kleid macht. Sie sagt mir, dass ihr das Muster und die Farben gefallen und dass es mir gut steht. Was will ich mehr? Mein Tag kann gar nicht mehr schlecht werden, denke ich mir, als ich fröhlich beschwingt den Laden verlasse. Ich habe es schön öfter festgestellt und es manifestiert sich immer mehr, dass genau diese Art des Umgangs miteinander so wertvoll ist. Ein nettes Wort, eine nette Begebenheit. Wenn ich darüber nachdenke, passiert mir dies sogar ziemlich häufig und dafür bin ich dankbar. Schließlich ist Freundlichkeit ein starkes Schwert gegen jedwede Unbill.

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