Ich bin in der zweiten, vielleicht auch dritten Klasse. Unser Klassenraum liegt im Souterrain. Ich schaue aus dem Fenster. Da ist eine Böschung, die mit allerlei Grünzeug bewachsen, steil nach oben führt. Wenn ich den Hals recke, kann ich ein Stück vom Himmel sehen. Die Tische stehen in Gruppenformation vor der grünen Tafel. An den Wänden hängt unser Selbstgebasteltes. Maria ist vor kurzem zu uns gekommen. Sie spricht kein Deutsch. Sie ist ängstlich, gibt keinen Mucks von sich. Ich glaube, dass sie sich unendlich verloren fühlt.
Ich lege meinen gelben Schulranzen mit den beiden großen roten, sich küssenden Fischen in das Fach unterm Tisch. Von dort hole ich mein Mäppchen und die Schreibübung der Hausaufgaben heraus.
In Begleitung unserer Lehrerin befinden sich drei Kinder, als sie den Klassenraum betritt. Die drei sind ungefähr in unserem Alter. Es scheint, dass sie sich eins hinter dem anderen verstecken wollten. Sie schauen uns aus großen, dunklen Augen an. Schüchtern gehen sie zu den Plätzen, die unsere Lehrerin ihnen zuweist. Wir sind überrascht, schauen uns fragend an. Die Lehrerin erklärt, dass die drei vom Zirkus sind, der auf der freien Wiese hinter dem Hochhaus seine Zelte aufgeschlagen hat. Sie bleiben für ein paar Tage.
Am Nachmittag laufe ich mit meinen Freunden aus der Straße los. Sven und Michael heißen sie. Maike kommt auch mit. Unsere Neugier ist groß. Da steht es, das rote Zelt mit den Wohnwagen drum herum. Ein niedriger Zaun grenzt das Gelände provisorisch ein. Ich sehe Tiere, die ich bisher nur aus Zoobesuchen kenne. Eine andere Welt. Leute laufen hin und her. Ungeduldig warte ich auf meine Mutter. Wir wollen uns die Nachmittagsvorstellung anschauen. Dann ist es soweit. Ich betrete das riesige Zelt, das in Wirklichkeit ganz klein ist. Der Scheinwerfer geht an und der Zirkusdirektor betritt die Manege.