#301 Altglas

Es ist wie immer und ich bin wie immer fasziniert. Was sich alles auftut, halte ich doch schlicht und ergreifend nur die Augen offen.

Ich bin auf dem Weg zum Altglascontainer. Schnell nach der Arbeit ein wenig die Füße vertreten. Das tut gut. Um das Nützliche mit dem Angenehmen zu verbinden, schnappe ich mir den Beutel mit den gesammelten Altglasflaschen und laufe los. Ich fasse die Henkel vom Jutebeutel kurz, damit die Flaschen nicht so laut scheppern.

Es ist angenehm mild, wie ich feststelle und das Tageslicht ist trotz Zeitumstellung noch da. Auf meinem Weg sehe ich durch das bodentiefe Fenster des benachbarten Bürogebäudes einen Schulranzen neben dem Schreibtisch liegen. Familie Simpson baumelt als Anhänger am rosafarbigen Haltegriff. Ich kenne diesen Anblick von Schultaschen am Arbeitsplatz.

Ich biege um die nächste Häuserecke. Hier gibt es wieder einen kleinen Straßenflohmarkt, der interessiert von einem Passanten in Augenschein genommen wird. Für mich ist nichts dabei, stelle ich aus den Augenwinkeln fest. Schnell über die nächste Kreuzung, dann habe ich die kleine Grünanlage, an deren Rand die Container stehen, erreicht. Ich entledige mich meiner leeren Flaschen, falte den Beutel, stecke ihn in die Tasche, gehe zurück. Ein kleiner Umweg, denke ich, ist noch drin. Vielleicht passiert was.

Meine Gedanken hüpfen hin und her, als ich an der Rückseite der Sporthalle vorbei komme. Diese hat im ersten Stock einen Notausgang. Über eine Metalltreppe führt der Weg nach unten. Zwei Personen sind oben auf dem Treppenabsatz. Ich bin verwundert, schaue genauer hin. Auf der Brüstung steht ein aufgeklappter Koffer. Eine Person sitzt auf einem Stuhl. Warum sitzt dort jemand? Im Näherkommen erkenne ich, dass sie ein gestreiftes Tuch um die Schultern trägt. Ihr Kopf ist leicht nach vorne gebeugt. Die andere hält eine Schere in der Hand und schneidet der sitzenden die Haare.

 

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