Die Dunkelheit bringt es ans Licht: inside out. Dass, was sonst unsichtbar schlummert, wird durch die Umkehr von Helligkeit und Dunkelheit sichtbar. Plötzlich bekomme ich völlig neue Einblicke. An helleren Tagen kann ich das Innere der Gebäude nur erahnen. Die Spiegelung der Fensterfront lässt keine Einblicke zu. Jetzt, in der dunklen Jahreszeit, kehrt sich das um und ich erhasche meinerseits einen kurzen Blick. In der so und so vielten Etage sehe ich im Vorbeifahren einen Mann, der in dunkler Hose, weißem Hemd und Krawatte ohne Jackett um einen Schreitisch läuft.
Bodentiefe Fenster gewähren mir aus meiner Froschperspektive einen umfänglichen Einblick. Plastisch, deutlich und klar erscheint er mir so hell beleuchtet vom künstlichen Licht. Ähnlich einer winzigen Spielfigur, die auf einer Theaterbühne agiert und der ich aus einem hinteren Rang zuschaue. Irgendwie ein anderer Kosmos und irgendwie Geheimnisvoll.
Ansonsten schauen Büropersonen mit anonymen Blick aus dem Inneren der Glasfassade nach draußen. Verborgen hinter der Lichtreflexion. Jetzt bin ich als Passantin an der Reihe. Ganz neue Perspektiven tun sich auf.
Aus diesem Grund ist meine erste Amtshandlung als ich daheim eintreffe, die Rollos runter zu lassen. Nicht überall, nur dort, wo ich es für wichtig erachte. Das Fenster an meinem Schreibtisch ist ebenfalls bodentief und das Rollo immer oben. Ich mag die Offenheit. Mit unverstelltem Blick schaue ich gerne raus wie rein. In Holland ist das ähnlich. Dort gibt es nirgendwo Gardinen. Oft nur wunderschön dekorierte Fensterbänke, die allzu neugierige Blicke abschirmen.
Da mir die meisten Vorhänge nicht gefallen, bin ich froh darüber, dass es so viele Möglichkeiten gibt. Niemand kommt zu kurz. Den Geschmäckern sind keine Grenzen gesetzt. Ganz individuell. Begrenzt einzig durch das eigene Gusto. Ein winziges Beispiel und gleichzeitig eine tolle Angelegenheit, die ich sehr schätze. Wie blöd wäre es, wenn diese Freiheit abhanden käme, oder?