#327 Null ouvert

Ich bin aushäusig unterwegs und der Abend beginnt mit einem leckeren Abendessen. Wir sind zu dritt. In dieser Konstellation ist es Brauch, dass wir nach dem Essen Skat spielen. Ein neues Blatt kommt zum Zug. Glatt und flutschig rutschen die Karten beim mischen durch die Finger. Meine daheim sind eher bäbbig. Skat spiele ich schon lange. Damals im Gasthaus Liebe (das hieß wirklich so) im Bayerischen Wald habe ich es gelernt. Ich war noch klein. Ungefähr zehn Jahre und meine Eltern brauchten im Urlaub eine Mitspielerin.

Zünftig geht es im Gasthaus Liebe zu. Die Tische in der Wirtsstube sind blank gescheuert. Die Kissen auf den Stühlen und die Gardinen vor den niedrigen Fenstern sind einheitlich rot-weiß kariert. Die Wirtin hat uns zum Abendessen Forellen aus ihrem Fischteich hinterm Haus serviert. Sehr lecker. Ich bin fasziniert von dem großen schmiedeeisernen Herd in der Küche. Mein Bruder ist im Bett und ich sitze mit meinen Eltern zusammen und nippe am Apfelsaft.

Mein Vater fragt nach Skatkarten, einem Stift und Block und beginnt damit, mich in die Geheimnisse des Spiels einzuweihen, dass sich in unserer Familie großer Beliebtheit erfreut. Ich tauche in die Welt der Skatsprüche ein. Mit großen Augen und noch größeren Ohren höre ich zu. Von „es hat sich schon mal wer totgemischt“ bis hin zu „hinten sind die Schweine fett“. Aber das ist nur ein kleiner Teil, denn schließlich hat auch „wer Herz hat auch Pik“ und „wer Grand spielt, spielt Ässe oder hält die Fresse“. Zugegeben, rustikale Sprüche. Gemerkt habe ich sie mir trotzdem oder gerade deswegen alle.

Reihum zimmern wir sprücheklopfend die „Karten anstatt nem Stück Holz“ auf den Tisch. Die anderen haben dummerweise „aus jedem Dorf nen Hund“. Ich gewinne souverän nach Bock und Ramsch Runden mit einem wasserdichten Null ouvert. Manchmal läuft’s halt.

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