#20 das Orgelkonzert

Nach gründlicher Einweisung in das gewünschte Verhalten des Publikums, geht der Organist schnellen Schrittes auf die Empore und beginnt zu spielen. Die Pfeifen bellen und flöten ihre Töne auf uns hernieder während Jesus vor uns, in tiefes Blau gehüllt, an der Wand hängt. Er kann nicht weg und ich auch nicht.

Der Organist spielt Rock, Pop und Filmmusik – gute Idee. Nach den ersten beiden Stücken hören wir seine Stimme aus dem Off durch die Lautsprecher von vorne. Er erklärt die Stücke, begründet seine Auswahl und kündigt die nächsten beiden an. Beim vierten fängt er an zu singen. Ich bin überrascht. Der Text handelt von Mut. ‚Mut ist das, wenn man etwas nicht ganz kann und es trotzdem tut‘ singt er. Stimmt. Aus organisatorischen Gründen konnte seine Sängerin heute nicht dabei sein. Mir stellt sich die Frage, ob das Zweitbeste manchmal einfach auch mal keine Alternative sein kann.

Die vor mir sitzenden Hinterköpfe auf den schmalen Kirchenbänken wippen zum Rhythmus der Musik. Ich wippe mit dem Bein mit. Ein paar Reihen vor mir, linker Hand, sitzen Mann und Frau, die die Kirche rocken. Ihr Wippen ist besonders intensiv. 70 bis 90 Minuten sind angekündigt. Ich halte durch. Die Kirche ist voll und der ein- oder die andere Wiederholungstäter*in ist dabei. Das hatte die Abfrage zu Beginn des Konzerts ergebe. Neben dem Altar sind noch Krippe und Stern aufgebaut. Ich betrachte das Ensemble. Als die Erlösung näher kommt, stehen die enthusiastisch Begeisterten auf und applaudieren. ‚Glaube ist Gewissheit auch ohne Beweis‘, die Zeilen klingen mir noch vom letzten vokal begleiteten Stück nach, als es zur Zugabe kommt. Metallicas ‚Nothing else matters‘ erschallt und ich bin etwas versöhnt, denn das hat sich tatsächlich wunderbar angehört.

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