#405 erwartungslos

Es ist wie immer, denke ich mir, als ich die rote Taste berühre, um das Telefonat zu beenden. Verwandtschaftsanruf. Das ist selten. Freundlich höre ich mir den Wunsch an und versuche zu helfen. Ehrensache. Ich verstehe das Anliegen. Sage ein paar Worte dazu. Doch dann kommt es wie so oft. Ein Aspekt wird genannt, der mich aufhorchen lässt, in mir Widerstand produziert. Mir fehlt am anderen Ende der Leitung das Begreifen, dass Geld nicht zwangsläufig ein Synonym für Glück ist. Eher für Erwartungen.

Sich dagegen zu behaupten ist eine Kunst. Zu erkennen, wie die eigenen aussehen und zu unterscheiden, welche von außen kommen, ist herausfordernd. Besonders in jungen Jahren. Dabei will ich gut gemeinte Absichten, Ratschläge, Beispiele und so weiter mitnichten verurteilen. Ich habe nur eine Zeit gebraucht, beides voneinander zu trennen. Jetzt scheint es, als stünde eine erneute Staffelübergabe in einem anderen Winkel des Stammbaums bevor.

Genau in diesem Moment hoffe ich, dass ich es geschafft habe, einen anderen Weg zu gehen. Meine Kinder einigermaßen vor meinen Erwartungen bewahren konnte, um sie stattdessen an den ihren wachsen zu lassen. Sie hierin unterstützen kann. Gewisse Zwänge gibt es immer, ohne Frage und Erziehung ist schließlich alles andere als leicht. Aber diesen Fehler, der es in meinen Augen ist, mache ich nicht. Das habe ich mir vorgenommen (#164 Liebe).

Doch ich muss ehrlich sein und bleiben. Ist ein Unkraut gezupft, wächst ein anderes nach. In der Natur ist das so. Bei uns Menschen ebenfalls. Wer kann schon fehlerfrei handeln? Ich bestimmt nicht. Das ist normal. Andernfalls könnte aus einem Fehler nie eine Veränderung entstehen. Von dieser Warte betrachtet macht es Sinn, dass jede und jeder die eigenen Fehler macht, das eigene Päckchen trägt. Als Antrieb und Hoffnung auf Besserung. Unter diesem Aspekt kann Neues beginnen. Eine gute Aussicht, oder?

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