#429 nur ein „e“

Heute, am Aschermittwoch, möchte ich mein Augenmerk darauf lenken, was nicht gut klappt. Auf das, was ich persönlich nicht gut kann, was meine Schwäche ist. Ich möchte heute eine Lanze für die Unvollkommenheit brechen. Aus meiner Erfahrung ist nämlich genau sie, die Unvollkommenheit, das Sahnehäubchen auf dem alltäglichen Allerlei. Und wahrscheinlich genau das, was uns allesamt menschlich macht. Schließlich haben wir alle Erfahrung mit der Genugtuung, wie es sich anfühlt, wenn eine scheinbar perfekte Person falsch liegt. Damit meine ich keine Schadenfreude, sondern die Erkenntnis, dass alle irgendwie doch gleich sind. Wir alle nur mit Wasser kochen.

Ich kenne mein Alleinstellungsmerkmal und habe gelernt, sie zu akzeptieren. Es bleibt mir sowieso nichts anderes übrig und seitdem das so ist, lebt es sich leichter. Bei mir ist die Rechtschreibung das Problem. Ich übersehe oder überlese einfach Buchstaben. Da fehlt hier ein „e“ oder dort am Ende ein „n“. Ich bin meistens mit den Augen schon viel weiter als noch dort, wo ich eigentlich sein sollte. Mir fehlt oft die Geduld. Vor vielen Jahren wollte ich daher meine Eltern mal dazu überreden, mich ein Diktat in der Schule schwänzen zu lassen. Mein Notendurchschnitt würde durch diese Maßnahme schließlich deutlich besser werden, war meine Argumentation.

Das kam leider überhaupt nicht gut an. An was ich mich jedoch bis heute erinnere ist die Antwort, die mein Vater mir auf meine Bitte damals gab. Er sagte: „Mir ist eine schlechte aber dafür ehrliche Note lieber, als die Tatsache, dass du dich der Herausforderung nicht stellst“. Das fand ich total blöd, könnt ihr euch sicherlich denken. Allerdings hilft mir dieser Satz und auch meine Überwindung, mich einem Problem gestellt zu haben dabei, mit Fehlern umzugehen. Bis heute. Wie schlecht meine Note wirklich war, das habe ich vergessen, den Satz, wie gesagt, nicht.

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