#463 von O bis O

Als ich im Vorbeilaufen das Schild sehe, fällt es mir schlagartig ein. Ich wollte schon längst den Termin zum Reifenwechsel vereinbaren. Von Oktober bis Ostern, heißt es, sollen die Autos mit Winterreifen unterwegs sein. Also wird es langsam Zeit, mich darum zu kümmern.

Es ist fast einfach. Ich wähle mich ins Portal ein, suche nach einem Termin und buche den Reifenwechsel. Theoretisch. Zusätzlich werden oft Sachen abgefragt, die ich schwer beantworten kann. Kilometerstand zum Beispiel. Keine Ahnung. Müsste ich nachschauen aber mein Auto habe ich drei Straßen weiter weg geparkt. Also denke ich angestrengt nach, versuche mich zu erinnern, was ich zuletzt im Cockpit gelesen haben könnte. Das Ergebnis, eine recht fiktive Zahl, wie ich später feststelle, trage ich ins Onlineformular ein. Bin gespannt, ab wann ich mit Werbung für neue Reifen überschüttet werde.

Nachdem ich diesen Gedankengang beendet habe, überlege ich, wie lange das Schild mit dem Hinweis: „Betreten der Eisfläche verboten“ dort noch steht. Vielleicht übersommert es an Ort und Stelle. Wer weiß. Bald lohnt es sich nicht mehr, es wieder einzupacken und ins Depot des Straßenbauamts zurück zu bringen. Jedenfalls gehe ich davon aus, dass es den Sommer über da gelagert wird. Brauchen wir überhaupt alle diese Schilder mit Warnhinweisen? Wer, außer kleinen Kindern, betritt eine Eisfläche? Für sie hat es keinen Nutzen, da es sich weder auf ihrer Augenhöhe noch Sichtfeld befindet. Außerdem können sie es nicht lesen. Wahrscheinlich ist das Schild einzig aus dem Grund aufgestellt, um abgesichert zu sein.

Welch merkwürdige Balance oder nenne ich es besser Bedürfnis?, mit dem wir uns auseinandersetzten müssen. Einerseits ist es Konsens, dass ein solches Schild unsinnig ist. Andererseits suchen wir beim kleinsten Unglück sofort nach dem oder der Schuldigen. Der eigene Sinn für Verantwortung ist oft das Einzige, was im Eis einbricht.

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