Es ist nicht steil, so sieht es jedenfalls auf dem Foto aus. Also warum mache ich mir ins Hemd? Ganz schön gemein, wenn das, was ich in Natura sehe und das, wie es auf dem Foto rüber kommt, völlig verschieden ist.
Ich schlage wie beim Fangen spielen an den Laternenpfahl an und betätige die Rundentaste auf meiner Uhr. Jetzt geht es los. Der Anfang ist moderat. Nur ganz sanft geht es bergauf. Das wird sich allerdings bald ändern.
Ich komme an einem grauen SUV vorbei. Jetzt wird es steiler. Ich versuche mich abzulenken. Grauer SUV, dann ein weißes Fahrzeug und zwei weitere graue. Zum Schluss ein blaues Auto. Rechter Hand folgt der kleine Stellplatz, der zum Friedhof gehört. Hier parkt ein weißes Fahrzeug. Schlüsselblumen blühen am Friedhofszaun. Löwenzahn wächst am Fahrbahnrand. Ich halte den Blick gesenkt. Schaue lieber nicht hoch, sondern halte den Blick fest auf meine Zehenspitzen geheftet. Denn jetzt wird es noch steiler.
Ich fange an zu keuchen. Meine Beine tun mir weh. Meine Sehnen, meine Muskeln. Nichts da. Zähne zusammen beißen und weiter. Ein Taschentuch liegt auf dem Boden. In entgegengesetzter Fahrtrichtung parkt ein Wohnmobil, dahinter stehen drei Kleinwagen, rot, blau, grau. Gleich habe ich es geschafft. Ich wage den Kopf zu heben und sehe mein Ziel. Die rot-weißen Straßenpoller, die den Weg für den Durchgangsverkehr sperren.
Endlich. Ich drücke erneut die Rundentaste. Unterirdisch meine Zeit. Ich drehe um und gehe zurück bis zum SUV. Von da an fange ich wieder an moderat zu joggen. Langsam, wie gesagt, moderat. Unten am Laternenpfahl drehe ich um. Das war erst meine erste Runde von insgesamt fünf. Ich habe also noch eine Kleinigkeit zu erledigen und es kann nur besser werden. Stimmt. Runde vier wird die schnellste, entnehme ich der Anzeige auf dem Ziffernblatt. Langsam kehrt Zufriedenheit ein.