„Wir essen pünktlich, Jefferson, beeil dich!“ steht auf einem Plakat so ziemlich zur Hälfte der Strecke und bleibt bis zum Finish mein Favorit. Überhaupt, ein Hoch auf alle Zuschauer, die im Regen an der Strecke ordentlich Radau machen. Nachdem am Start die üblichen Gassenhauer die Menge mit „Highway to Hell“ und „Eye of the Tiger“ motiviert haben, erklingen auf der Strecke andere Töne. Von professionellen Trommelgruppen und Spielmannszügen bis hin zu Tröten, Klappern, Rasseln. Ich haue für eine extra Portion Power auf sämtliche Mario-Kart-Pilz-Schilder, klatsche große, kleine Hände ab. Zwei ganz besondere sind darunter, die mich noch mal mehr strahlen lassen, als sie mich anfeuern.
Auf diese Weise bin ich beschäftigt und die Zeit vergeht recht schnell. Kilometer reiht sich an Kilometer. Irgendwann merke ich, wie die Nässe endgültig ihren Weg durch meine Schuhe gefunden hat und meine Socken aufweicht. Egal. Ich weiß nun, dass ich es schaffen kann und werde. Besser und leichtfüßiger als gedacht. Mein Stolz schwillt innerlich und ich merke, wie sich sogar ein sehr seltener Gast in mir regt. Mein Kampfgeist ist erwacht. Der schlafende Drache, dieser alte, träge Zeitgenosse, der die Kraft besitz, den Schweinehund mit einem Handstreich aus dem Weg zu fegen.
Ich kenne die Strecke gut. Teilweise bin ich sie vor vielen Jahren abschnittweise gelaufen. Ich schaue mich um. Sehe leider zu spät ein weiteres, bekanntes Gesicht, sonst hätte ich hallo sagen können. Die Strecke neigt sich dem Ende. Verläuft verschlungen durch ein Neubaugebiet, dann durchs Fußballstadion. Das Ziel ist greifbar. Ich kassiere den einen oder die andere vor mir, bin endlich diejenige, die überholt. Am Kreisverkehr vor dem Museum feuert mich die andere Hälfte meines Haushalts an, er ist natürlich schon längst da. Ich sammle meine restlichen Kräfte, biege um die letzte Kurve und sprinte ins Ziel. Yes.