#40 mein Herz

-Fortsetzung-

Auf der anderen Seite, am Eingang zur Poststraße, grüßt mich Ronnie Mac Irgendwas mit roter Perücke, buntem Pulli und weißen Handschuhen. Er klebt als Foto-Tattoo an der Scheibe einer Filiale des großen gelben M und lächelt mir freundlich entgegen. Zu seinen Füßen liegen noch die vormals aus Styropor gefertigten Einwegverpackungen. Auch sie treibt der Wind vor sich her und lässt sie kreisend im Eingang tanzen. Ich fühle mich plötzlich leicht und beschwingt und segle so vom Wind getrieben die Straße entlang. Hier fahren keine Autos mehr. Nur Fußgänger laufen, ohne mich eines Blickes zu würdigen, an mir vorüber.

So hin und her flatternd, beruhigt sich meine Aufregung. Ich erfreue mich sogar an dem schwebenden Zustand, auch wenn er noch etwas befremdlich ist. Aus meinen Gedanken gerissen, ergreift mich eine scharfe Böe, wirbelt mich hoch, dreht mich mehrfach um die eigene Achse, so dass ich mich auf meine Spitze stelle und die Arme gen Himmel recke. Dabei fühle ich mich wie eine echte Ballerina. In meiner Euphorie und so hoch über der Erde fällt mein Blick in das Erkerfenster zu meiner rechten. Der Erker ist aus braunem Holz. Hinter seinen in Blei gefassten Butzenscheiben sehe ich den Kronleuchter und zwei Kandelaber an den Wänden, bevor ich langsam wieder zu Boden trudle.

Ich bin jetzt fast am Münsterplatz angelangt und wundere mich über die traute Zweisamkeit zwischen alt und neu, auch wenn ihre Fassaden so gar nicht zueinander passen wollen. Das große Kaufhaus zu meiner linken versprüht den Flair der frühen siebziger Jahre. In seinem Eingang hat ein Mensch zur Nacht Zuflucht und Wärme gesucht und offensichtlich auch gefunden. Ich hüpfe und schwebe lustig weiter. An der gelben Post vorbei und dann, von einem neuerlich heftigen Windstoß gepackt, schieße ich schnell und unaufhaltsam am Beethovendenkmal vorbei quer über den Münsterplatz.
-Fortsetzung folgt-

https://youtube.com/shorts/AUIFm1ZvPRY

 

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